Provenienz
Herr «Holzfäller», woher kommen Sie ?
Die Provenienzforschung spürt die Besitzverhältnisse von Kunstwerken auf und klärt beispielsweise ab, ob es sich um Raubkunst handelt.
Herkunft
Wie bei Menschen wollen wir auch bei Kunstwerken gerne wissen, woher sie kommen. Wem gehörte das Werk und warum wurde es verkauft? Geschah dies aus bestimmten Gründen? Die Geschichte der Werke wird dann von der Provenienzforschung aufgearbeitet. Das Kunstmuseum Luzern hat sich gründlich mit der →Provenienz seines Holzfällers befasst. Dank der Unterstützung des Bundesamtes für Kultur konnte seine Herkunft genauer untersucht werden.
Verkauf
Aus der erhaltenen Korrespondenz geht hervor, dass die Bernhard Eglin-Stiftung den Holzfäller 1940 vom jüdischen Sammlerpaar Martin und Florence Flersheim aus Frankfurt am Main erwirbt. Der Vermittler, der Luzerner Galerist Siegfried Rosengart, drückt den Verkaufspreis von CHF 12’000 auf CHF 8’250. Er erhält ein Vermittlerhonorar von CHF 250. Zum Vergleich: Ferdinand Hodler verkauft 1910 einen Holzfäller für CHF 15’000. Die Sammlung Rosengart muss das Archiv der Galerie als private Institution nicht öffnen. Deshalb bleiben einige Details des Verkaufs nach wie vor im Dunkeln.
Verlorene Kunst?
Vor einigen Jahren kommt nach einer Verlustmeldung der Verdacht auf, der Holzfäller könnte →Raubkunst sein und müsste an die Erben zurückgegeben werden (→Restitution). Die Familie Flersheim befindet sich zum Zeitpunkt des Verkaufs in Amsterdam, wohin sie vor den Nationalsozialisten geflüchtet sind. Weil die Verkaufsverhandlungen aber vor dem Einfall der Deutschen in den Niederlanden stattfinden und der Verkauf im Namen der Eigentümer geschieht, ist der Luzerner Holzfäller als →Fluchtgut zu verstehen. Die Erben haben somit keinen Anspruch auf die Rückgabe des Gemäldes. Der Begriff des Fluchtguts ist spezifisch für die Schweiz und entspricht den Bestimmungen der Washingtoner Konferenz von 1998.
Fluchtgut
Florence Flersheim und ihr Sohn Fritz befinden sich zum Zeitpunkt des Verkaufs in Amsterdam, wohin sie vor den Nationalsozialisten geflüchtet sind. Weil die Verkaufsverhandlungen vor dem Einfall der Deutschen in den Niederlanden stattfinden und der Verkauf im Namen der Eigentümerin, Florence Flersheim, geschieht, ist der Luzerner Holzfäller als →Fluchtgut zu verstehen. Die Erben haben somit keinen rechtlichen Anspruch auf die Rückgabe des Gemäldes. Der Begriff des Fluchtguts ist spezifisch für die Schweiz und entspricht den Bestimmungen der Washingtoner Konferenz von 1998. Fritz Flersheim leitet nach Ende des Krieges ein Rückerstattungsverfahren für Objekte aus der Sammlung seiner Eltern ein, wobei Ferdinand Hodlers Holzfäller nicht auf der Liste der fehlenden Gemälde aufgeführt ist. Wusste der Erbe schon damals, dass der Holzfäller nach damaliger Rechtslage nicht restituiert werden kann?
Lexikon der Provenienzforschung
Fluchtgut
Kunstwerke, die von ihren Besitzern auf ihrer Flucht nach geltendem Recht und eigenem Willen verkauft werden. Der Begriff ist hauptsächlich in der Schweiz gebräuchlich und wird als Unterscheidung von Raubgut beigezogen. Er ist umstritten, da ein Verkauf beispielsweise auch unter Druck von Dritten «erzwungen» werden kann.
Provenienz
(lat. provenire, «herkommen»). Die Provenienz stellt eine Art Stammbaum für einen Kunstgegenstand dar und listet seine Besitzer auf. In der Provenienzforschung werden die Eigentumsverhältnisse der Objekte möglichst genau aufgearbeitet, um herauszufinden, ob der Gegenstand zu einem Zeitpunkt gestohlen wurde.
Raubkunst
Unrechtmässig entwendete Kulturgüter. Im deutschsprachigen Raum meist im Kontext des Nationalsozialismus gebräuchlich. Wird ein Objekt als Raubkunst deklariert, muss eine Rückgabe oder eine angemessene Entschädigung der Erben angestrebt werden.
Restitution
(lat. restitutio, «Wiederherstellung»). Wiedergutmachung oder Ersatz für einen Schaden. Im Bereich der Kunst meint Restitution die Rückgabe von eingezogenen Kunstwerken. Opfer können vor Gericht einen Restitutionsanspruch erheben. Oft versuchen betroffene Institutionen mit den Nachfahren der Besitzer eine gemeinsame Lösung zu finden und das Werk, wenn möglich, in der Sammlung zu lassen.