Stil

Die Ordnung der Dinge

Hodler will die Natur genau und erkennbar darstellen, gleichzeitig aber auch ihre Gesetzmässigkeiten offenbaren. Dafür entwickelt er einen eigenen Malstil: den Parallelismus.

Ferdinand Hodler, Der Tag III, um 1900/1910, Öl auf Leinwand, 170 x 368 cm, Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung

parallelwelten

Hodler entwickelt für seine Gemälde ein eigenes Ordnungssystem, das er Parallelismus nennt. Die Natur ist bei ihm symmetrisch angeordnet, zum Beispiel Berge, Bäume, Wolken, Blumen oder Figuren. Durch die Symmetrie und die rhythmisierten Bildelemente entsteht der Eindruck von Harmonie und Ausgeglichenheit. Beim Holzfäller erzeugen die parallel gesetzten, astlosen Bäume diesen Eindruck.

Die grosse Wirkung der Einheit
in der Mitte des Meeres durch einen
gleichförmigen Himmel
Der Tod, das Bleibende der Unbeweglichkeit
Die Nacht, die Ausdehnung eines gleichartigen Elements
Der Schnee der vereinheitlicht
Ein grosse grüne Wiese
Ein Hügel
Ein weiter Himmel. Der Regenbogen erzeugt einen grossen Eindruck von Einheit.

Ferdinand Hodler
Ferdinand Hodler, Herbstlandschaft bei Solothurn, um 1898, Öl auf Leinwand, 33 × 46 cm, Kunstmuseum Luzern
Ferdinand Hodler, Stockhorn von Oberhofen aus, 1910, Öl auf Leinwand, 63.4 × 80 cm, Kunstmuseum Luzern, Leihgabe aus Privatbesitz

Die aufgabe der kunst

Hodler sieht seine Aufgabe als Künstler darin, «das ewige Element der Natur, die Schönheit, zum Ausdruck zu bringen». Figuren, Objekte und Landschaften malt er nicht so, wie sie tatsächlich sind, sondern seinem Ideal entsprechend. Diese Haltung ist typisch für den Jugendstil, der um diese Zeit in Europa zum dominierenden Stil in Kunst und Architektur wird. Wegen seiner dekorativen Aspekte wird der Jugendstil besonders vom wohlhabenden Grossbürgertum geschätzt.

Ferdinand Hodler trifft den Geschmack der Zeit. Sein ästhetisierender Malstil und die Verbindung von Natur und Schönheit machen ihn zu einem wichtigen Vertreter des Jugendstils.

Symbolismus

Die ästhetisierende Haltung Ferdinand Hodlers, die von einer Einheit von Mensch und Natur ausgeht, steht im Kontrast zur Lebenswirklichkeit des Künstlers. Um 1900 ist der Alltag in Schweizer Städten stark von der Industrialisierung geprägt. In seinen Bildern zeigt Hodlers aber keine Fabriken oder urbanen Szenen. Auch sein Holzfäller geht einer einfachen, handwerklichen Tätigkeit nach. Die fast schon göttliche Einheit, die Hodler in seiner Kunst anstrebt, entspricht dem Grundgedanken des Symbolismus. Da die Kunst in der Moderne keine religiöse Funktion mehr hat, suchen Vertreterinnen und Vertreter der Bewegung nach einer tieferen Bedeutung, einer allem zugrundeliegenden Wahrheit, die Hodler auch das «Weltgesetz» nennt.