Wirkung
Immer schlagfertig
Ob auf Abstimmungsplakaten, Karikaturen oder in der Kunst: Der Holzfäller haut überall kräftig zu.
Der Holzfäller macht eine steile Karriere. Das Motiv wird kurz nach seiner Entstehung zu einem beliebten Motiv in der Karikatur. Die Gegenwartskunst hinterfragt den kraftstrotzenden Holzfäller und seine Symbolik zunehmend.
An der Berliner Secession 1910 präsentiert Hodler erstmals den Holzfäller im Ausland. Damit beginnt dessen Leben als Karikatur. Wie bekannt der Holzfäller auch in Deutschland ist, zeigen die vielen Karikaturen, mit denen damals politische Debatten kommentiert werden.
Schon kurze Zeit nach der ersten Präsentation des Holzfällers tauchen im deutschsprachigen Raum erste Karikaturen und Satirezeichnungen mit dem beliebten Bildmotiv auf. Der Holzfäller wird schnell Teil des «europäischen Bilderkanons». Neben kunstspezifischen Themen wird der Holzfäller vor allem in der Politik und in Bezug auf die beiden Weltkriege karikiert. In Deutschland ist das Motiv derart erfolgreich, dass damit innenpolitische Debatten kommentiert werden.
Die deutsche Eiche widersteht!
Arpad Schmidhammer stellt Ferdinand Hodler 1914 als Holzfäller dar, der sich an einer massiven deutschen Eiche abmüht und unsäglich verdreht. Weil Hodler den Protest gegen die Beschiessung der Kathedrale von Reims durch die Deutschen mitunterschreibt, verschmäht ihn das Publikum im Nachbarland. Aus Angst um seine Kundschaft entschuldigt sich Hodler jedoch bald daraufhin für seinen Protest.
– Aber, Herr Hodler, wie konnten Sie die verlogene Kundgebung gegen die deutsche Barbarei mitunterschreiben?
– Ja, wissen Sie: Jeder bessersituierte Deutsche hat ohnedies schon einen Holzfäller oder Sensenmann von mir an der Wand hängen – es wird Zeit, dass ich mich jetzt um französische oder englische Kundschaft umtue!
«Hodler!», in: Jugend, 07.10.1914
Selbst heute lässt sich das Motiv mühelos für politische Kommentare einspannen. Max Spring zeichnet den Holzfäller 2005 beim Zerteilen des Schlagbaums an einem Grenzübergang. Die Zeichnung steht im Kontext der Debatte um den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU, wobei der Holzfäller progressive Werte vertritt und Grenzkontrollen bekämpft.
Frauen an die Axt!
Lässig aber entschlossen, mit einer Axt auf der Schulter abgestützt, schreitet die Künstlerin Marie-Antoinette Chiarenza von der Gruppe RELAX auf der Fotografie Je suis une femme pourquoi pas vous ? auf das Publikum zu; im Hintergrund hängt Hodlers Holzfäller – eine Kampfansage? Die Arbeit ist eine feministische Botschaft: jetzt nimmt die Frau die Axt selbst in die Hand. Dabei zitiert RELAX gleichzeitig Josephs Beuys’ Pose in La rivoluzione siamo Noi. Auch die argentinische Künstlerin Ana Axpe findet einen feministischen Zugang zum Holzfäller und parodiert mit Pin-up à la tronçonneuse sexistische Darstellungen in Frauenkalendern, wie sie in beinahe jeder Schweizer Werkstatt hängen.
Ein Wald voller Äxte
Thomas Hirschhorn fokussiert mit seiner Installation in der Ausstellung Swiss Made II im Kunstmuseum Wolfsburg auf die Axt des Holzfällers als Symbol der politischen Vereinnahmung von rechts. Hirschhorn spielt auf den bekannten Holzfäller im Bundesratszimmer an, der zum Ausdruck einer aggressiven, konservativen Politik geworden ist. Die Axt steht dabei für typische «schweizerische» Werte wie Urtümlichkeit, Aufmüpfigkeit und Starrsinn.
In Schieflage
Der Künstler Raoul Marek setzt 1995 in der Installation Lieber F.H. … eine Absperrung mit vier durch Kordeln verbundenen Messingständern vor den Holzfäller im Besitz der Schweizerischen Mobiliar Genossenschaft. Die Ständer sind mit Bambusrollen untersetzt und stehen in Schieflage – entgegengesetzt dem gefällten Baum des Holzfällers. Soll die Abschrankung die Schweiz vor dem Fall bewahren? Mareks Installation spiegelt die politische Situation des Landes wider, das nach der Ablehnung des Beitritts zum Europäischen Wirtschaftsraum 1992 Gefahr läuft, sich vom Rest der Welt abzukoppeln.